FDP Friedberg führte Diskussion über das Bürgergeld
Zum 1. Januar 2023 startete das neue Bürgergeld, welches das bisherige Hartz IV ablöst. Das entsprechende Gesetz wurde im Bundestag verabschiedet, auch der Bundesrat hat nach einem Vermittlungsverfahren zugestimmt.
In der Öffentlichkeit wurde das Bürgergeld mit viel Lob und Kritik bedacht. Manchen geht der Wurf viel zu weit, anderen nicht weit genug.
Die FDP Friedberg hat Bürgerinnen und Bürgern das Bürgergeld am 14. Dezember 2022 mit einem Vortrag vorgestellt und diskutiert. Dabei wurde zunächst das Bürgergeld an sich vorgestellt, wer es bekommt und wer es nicht bekommt (z.B. Asylbewerber) und welches die wesentlichen Unterschiede zum vorherigen Hartz4-System sind. Neben der Regelsatz-Anpassung für Bezieher von Bürgergeld und Sozialgeld sind dies vor allem neue Regelungen zum sog. Schonvermögen und zu den Sanktionen bei Mitwirkungsverweigerung. Dabei wurden auch die durch das Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat erreichten Änderungen beleuchtet. Und es bestätigte sich schnell die alte Binsenweisheit: Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht.
Lebhaft diskutiert wurde u.a. die Regelungen zum Schonvermögen. Die Absenkungen der Grenzen des Schonvermögens sowie die Schonzeit im Vermittlungsverfahren im Vergleich zum Gesetzentwurf der Berliner Ampel-Koalition wurden dabei einhellig begrüßt, um Leistungsanreize zur Integration in den sog. ersten Arbeitsmarkt zu erhalten. Hervorgehoben wurden die liberalen Elemente im Bürgergeld, namentlich vor allem die Neuregelungen und deutlichen Verbesserungen der Hinzuverdienstgrenzen (insb. für Jugendliche in Bürgergeldhaushalten) wie auch die Anreize zu ausbildungsabschluß-orientierten Weiterbildungsmaßnahmen, die mit einem sog. Weiterbildungsgeld von 150 EUR im Monat gefördert werden.
Insgesamt bedauert wurde jedoch, dass vom liberalen Konzept des Bürgergeldes nicht viel mehr als der Name geblieben ist. Hier hätten sich besonders die anwesenden FDP-Mitglieder mehr Durchsetzungsvermögen von Seiten der Bundestagsfraktion gewünscht. Hinterfragt wurde auch, ob mit Blick auf die deutliche Anhebung der Regelsätze noch hinreichend Motivationselemente für die ernsthafte Aufnahme von Ausbildungsmaßnahmen und Arbeitsverhältnissen besteht. Anhand von Zahlen und Daten der Bundesanstalt für Arbeit konnte der Referent Helge Müller von der FDP Friedberg zeigen, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen Bildungsferne und fehlendem Schulabschluß und langfristigem Hartz4-/Bürgergeld-Bezug gibt. Etwa 50% der Hartz4-Bezieher sind mindestens 4 Jahre im Leistungsbezug, viele davon (nahezu) ununterbrochen. Dabei stehen Menschen mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit sogar etwas besser da als Deutsche. Insbesondere bei über 55-jährigen zeigt sich eine deutliche „Verhärtung“ im Leistungsbezug, wenn man erstmal einige Jahre aus dem Berufsleben raus ist. Rund zwei Drittel der Menschen in dieser Altersgruppe, die Hartz4-/Bürgergeld-Leistungen beziehen, tun dies 4 Jahre und länger. Die FDP Friedberg vermisst im neuen Bürgergeld-Konzept insb. für die über 55-jährigen Menschen Maßnahmen und Anreize zur Rückkehr in den Arbeitsmarkt, auch wenn es nur für wenige Jahre ist.
Diskutiert wurde auch der sog. Pull-Faktor des Bürgergelds auf Zuwanderer, also die Anreizwirkung, in das deutsche Sozialsystem einzuwandern oder dieses temporär zu nutzen. Auch hierfür konnten im Vergleich zu Leistungen für Asylbewerber in den wichtigsten europäischen Ländern mit hohen Zuwanderungszahlen Belege gefunden werden. Allerdings kommt es hierbei nicht nur auf die absolute Höhe von Beträgen an, sondern auch, wie leicht oder einfach es ist, diese Leistungen auch zu bekommen. Hier zeigt sich für Deutschland nach Ansicht der FDP Friedberg ein ungünstiges Verhältnis im Vergleich zu den Nachbarländern, was den hohen Immigrationsdruck nach Deutschland und in das Sozialsystem mit erklärt.
Gleichzeitig empfanden viele Anwesende das Bürgergeld als zu unausgewogen. Gibt es mit den relativ hohen Regelsätzen für junge Alleinstehende (immerhin mehr als 50% der Hartz4/Bürgergeld-Haushalte sind Single-Haushalte (Mai 2022)) insbesondere für schlecht ausgebildete Menschen erhebliche Anreize zum Einstieg oder Verbleib im Bürgergeldbezug, sind die Leistungen für Familien und vor allem Alleinerziehende oftmals recht knapp bemessen, um den Kindern eine nahezu gleichwertige Teilhabe am Sozialleben zu ermöglichen. Alleinerziehende mit kleinen Kindern haben vielfach kaum eine Chance, im ersten Arbeitsmarkt (evt. auch noch in Vollzeit) Fuß zu fassen. Der FDP Friedberg fehlt auch eine Differenzierung der Regelsätze nach „Bemühen“ des Leistungsbeziehers, seine Qualifikation zu verbessern oder sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Auch fehlt das Element der degressiven Leistungshöhe insb. für junge Leistungsbezieher, die mit zunehmender Leistungsdauer absinkt. Die Regelsätze sind für alle gleich, Langzeitbezieher und Menschen, die das Bürgergeld so schnell wie möglich wieder verlassen wollen. Hier sieht die FDP Friedberg noch deutliches Verbesserungspotential, um Leistung zu belohnen, trotz des auf Initiative der FDP eingeführten Weiterbildungsgeldes. Leider ist dies mit den aktuellen Koalitionspartnern SPD und Grüne in der Bundesregierung nicht machbar, die ihren Schwerpunkt in der maximalen finanziellen Umverteilung von Leistungsträgern und Steuerzahlern (Personen wie Unternehmen) hin zu Leistungsbeziehern setzen, ohne bei Letzteren nach tatsächlicher Bedürftigkeit zu fragen.
Haben Sie Fragen zum Bürgergeld, wollen Sie mit uns dazu sprechen oder uns Ihre Meinung mitteilen, freuen wir uns über eine E-Mail an zukunft-gestalten@fdp-friedberg-hessen.net.