„Haushalt auf dem Prüfstand: Prioritäten, Effizienz und finanzielle Verantwortung“
Am 12.12.2024 fand die entscheidende Sitzung der Friedberger Stadtverordnetenversammlung zum städtischen Haushalt 2025 statt. Hier finden Sie die Haushaltsrede der Fraktion der Freien Demokraten FDP, gehalten von Dr. Markus A. Schmidt.
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Frau Erste Stadträtin, sehr geehrte Damen und Herren des Magistrats, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadtverordnete, sehr geehrte Damen und Herren,
die Deutsche Bundesbank warnte im Oktober, dass derzeit wie auch künftig der Ausgabenanstieg in den öffentlichen Haushalten die Einnahmenzuwächse deutlich übertreffen wird – und zwar insbesondere bei den Kommunen. Auf den ersten Blick scheint Friedberg hier sogar eine löbliche Ausnahme zu sein, steigen doch die geplanten ordentlichen Erträge im kommenden Jahr prozentual stärker an als die vorhergesehenen ordentlichen Aufwendungen.
Allerdings lohnt ein zweiter Blick. Denn dieser Zuwachs geht zu einem erheblichen Teil zurück auf steigende Zuweisungen, Zuschüsse und allgemeine Umlagen, mit der die Stadtkasse in 2025 rechnet. Diese legen um knapp 19% zu und kompensieren immerhin beinahe die Hälfte des Wegfalls der hohen außerordentlichen Erträge des Vorjahres. Die Ertragsverbesserung spiegelt somit leider nicht die wirtschaftliche Stärke unserer Stadt wider, sondern legt vielmehr Zeugnis über ihre ökonomische Schwäche ab. Umso mehr, da die geplante Zuwendungsquote in den letzten Jahren stetig, aber deutlich, gestiegen ist – von gut 18% im Jahr 2020 auf nun 25% im kommenden Jahr; ein Anstieg von sieben Prozentpunkten in nur fünf Jahren. Rund jeder vierte Euro der ordentlichen Erträge, mit denen die Stadtkasse für 2025 plant, stammt also aus Quellen übergeordneter staatlicher Stellen; Friedberg wird finanziell zunehmend abhängig.
Zugegeben, die Verwaltung plant für die kommenden Jahre mit sinkenden Zuschüssen – weil sie davon ausgeht, dass die Steuereinnahmen bis 2028 um mehr als 12,5% zulegen werden. Das ist recht optimistisch, weil Prognosen davon ausgehen, dass die deutsche Wirtschaft bis 2028 insgesamt um nur 4,2% wachsen wird. Wenn sich in diesen Zahlen nicht massive Steuererhöhungen verstecken, – die wir Freie Demokraten entschieden ablehnen würden – dann ist Friedberg nach Auffassung der Verwaltung auf dem Weg zur „Boomtown“. Goethe würde einwenden: „Der Worte hör´ ich wohl, allein fehlt mir der Glaube“.
Wie unberechenbar Zuschüsse sind, zeigt sich bereits in der laufenden Haushaltsrunde. Denn zu Beginn der Haushaltsrunde erwartete die Stadt noch Schlüsselzuweisungen von mehr als 22 Millionen Euro, die nach einem Brief aus Wiesbaden um rund 3 Millionen Euro eingedampft werden mussten. Auf solche Zahlungen kann man nicht die Entwicklung einer Kommune gründen.
Leider ist dies nicht der einzige Punkt, der uns am aktuellen Haushaltsplan Sorgen macht. Denn die geplante Kreditaufnahme im kommenden Jahr steigt erneut – und zwar um beachtliche 19,5% gegenüber dem im Vorjahr geplanten Wert, der seinerseits bereits historisch hoch war. 2025 werden, wenn die Planungen eintreten, nahezu sämtliche Investitionen Friedbergs über neue Schulden finanziert – und das, obwohl die geplanten Investitionen selbst spürbar sinken. Dies spricht für sich genommen schon nicht dafür, dass sich an der Wirtschaftskraft Friedbergs künftig viel zum Besseren ändern wird. Berücksichtigt man dann noch, dass in den Investitionsplanungen bereits Ersatzinvestitionen in Höhe von rund vier Millionen Euro enthalten sind, dann wird deutlich, dass Friedberg tatsächlich mehr Schulden aufzunehmen plant als netto investiert werden soll. Wie bitte soll unsere Stadt angesichts dieser Planungen die zahlreichen und großvolumigen finanziellen Aufgaben, die uns mittel- bis langfristig bevorstehen, aus eigener Kraft bewältigen?
Meine Damen, meine Herren, Friedberg befindet sich in einer ernsten Situation. Denn angesichts der jüngsten Steuerschätzung und der Haushaltslage im Bund birgt unsere finanzielle Abhängigkeit das Risiko, dass Finanzquellen sich als weniger ergiebig als zunächst gedacht erweisen oder ggf. kurzfristig komplett versiegen. Und jeder Kaufmann weiß, dass Schulden nur dann tragfähig sind, wenn sie Projekte finanzieren, die ihrerseits angemessen hohe künftige Einzahlungen erwarten lassen.
Es führt also kein Weg daran vorbei, dass wir uns mit den freiwilligen Leistungen der Stadt auf die Projekte konzentrieren, die langfristig auch angemessene Erträge erwarten lassen, zumindest jedoch die strategischen Ziele der Stadt fördern. Zudem spricht alles dafür, dass wir nur mit solchen Geldern kalkulieren können, die aus der Attraktivität unseres Standorts und der wirtschaftlichen Stärke unserer Menschen und Unternehmen resultieren. Auf dem Wohlwollen Dritter kann man keine Stadt aufbauen.
Bereits im vergangenen Jahr hatten wir Freie Demokraten an gleicher Stelle eindringlich dafür geworben, dass sich die Stadt auf solche freiwilligen Projekte konzentriert, die sich – direkt oder indirekt – finanziell lohnen, statt Leistungen zu finanzieren, die uns in unserer Entwicklung faktisch nicht weiterbringen. Es steht außer Frage, dass es zu den unangenehmeren Übungen des politischen Lebens gehört, finanzielle Prioritäten setzen zu müssen, statt gönnerhaft allerlei Zuschüsse und Unterstützungen zu verteilen. Politischer Realismus verlangt allerdings, die Endlichkeit finanzieller Mittel anzuerkennen.
Zum Realismus gehört auch, dass sich Friedberg neben zahlreichen Wünschen und Ideen unterschiedlichster Anspruchsgruppen vielfältigen gesetzlichen Aufgaben gegenübersieht, die finanziert werden müssen. Wir Freie Demokraten sind der festen Überzeugung, dass es angesichts begrenzter finanzieller Mittel unverzichtbar ist, die gesetzlichen Aufgaben so effizient wie möglich zu erledigen und sich bei freiwilligen Leistungen auf solche zu fokussieren, die die strategischen Ziele der Stadt besonders effektiv erreichen. Nötig ist daher eine klare Ziel- und Wirkungsorientierung aller geplanten und beschlossenen Maßnahmen sowie eine konsequente, quantitative Überprüfung aller umgesetzten Projekte.
Dieses Vorgehen steht im Einklang mit den Erkenntnissen, die das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte Anfang des Jahres in ihrem Konzept zur Einführung einer ziel- und wirkungsorientierten Haushaltsführung für das Bundesfinanzministerium formuliert haben. An den in dieser Studie formulierten Grundsätzen sollten auch wir uns hier in Friedberg orientieren, um möglichst sparsam und effektiv mit dem Geld der Bürgerinnen und Bürger umzugehen.
Denn genau darum geht es – um den verantwortungsvollen Umgang mit dem Geld, das die Menschen in unserer Stadt und anderswo durch ihre tägliche Arbeit, durch ihr Engagement und ihre Risikobereitschaft erwirtschaften. Diese Menschen geben uns hier im Saal überhaupt erst die Möglichkeit, über Projekte zu diskutieren und zu entscheiden; sie sind die tragende Säule unserer Gesellschaft, unseres Polit- und unseres Wirtschaftssystems und sie stehen zumindest bei uns Freien Demokraten im Mittelpunkt unserer Überlegungen.
Eine klare Ziel- und Wirkungsorientierung in der Haushaltsführung erfordert ein klares strategisches Leitbild. Ansonsten scheinen alle Maßnahmen gleichwertig; eine politische Priorisierung wird so nahezu unmöglich. Friedberg hat im zu Ende gehenden Jahr ein solches strategisches Leitbild erarbeiten lassen – nur offiziell kommuniziert wurde es bislang noch nicht. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, um künftig klare Prioritäten zum Wohle der Stadt setzen zu können.
Zu den Projekten, die auf die strategischen Ziele der Stadt einzahlen, zählt zweifellos der neue ZukunftsRaum, der eine Keimzelle für das wirtschaftliche Vorankommen Friedbergs werden kann. Und hier ist es besonders lobenswert, dass sich die Stadt, genau wie von uns Freien Demokraten bereits vor einem Jahr grundsätzlich gefordert, auf die Anschubfinanzierung beschränkt und das Projekt sukzessive in die Eigenverantwortung entlässt. Auch die geplanten Investitionen in das Gewerbegebiet Pfingstweide sind dringend nötig und verbessern die Attraktivität Friedbergs als Wirtschaftsstandort und damit auch die Aussichten für die Stadtkasse. Ebenso unterstützen wir Freie Demokraten ausdrücklich die Bemühungen des Bürgermeisters, die THM stärker in die Stadt einzubinden. Dies alles kann unsere Stadt lebendiger und insgesamt attraktiver machen. Und das ist nötig, um mehr Familien mit eigenem, soliden Einkommen hier eine Heimat zu bieten.
Da wir gerade von neuen Projekten sprechen: natürlich ist das Schmerzensgeld, das Friedberg aus den Industrieanlagen auf dem Winterstein sozusagen als Ausgleich für die Zerstörungen an Flora, Fauna und landschaftlichem Reiz vereinnahmen wird, für die Stadtkasse positiv. Solange wir aber nicht anfangen, die Effizienz der Verwaltung in den Blick zu nehmen und die Effektivität freiwilliger Leistungen zu überprüfen und diese Leistungen ggf. zur Disposition zu stellen, wird Friedberg hinter seinen Möglichkeiten zurückbleiben.
Hinter den Möglichkeiten – und Notwendigkeiten – zurück bleiben wir bereits bei der Parkinfrastruktur. Das ist umso besorgniserregender, weil absehbar ist, dass sich der Parkraum in den kommenden Jahren spürbar verringern wird. Hier ist kurzfristig ein Umdenken und Umlenken nötig, denn auch in Zukunft werden Menschen mit dem Auto in unsere Stadt kommen. Wir haben nicht die Zeit, auf ein Verkehrskonzept zu warten, das eine Parkraumplanung ohnehin gar nicht explizit als Ziel beinhaltet. Bietet man den Menschen jedoch keinen Parkraum, werden sie Friedberg meiden – mit negativen Folgen für unsere Gewerbetreibenden und für die Stadtkasse.
Andere lohnende Projekte, die unsere Fraktion in den vergangenen Monaten vorgeschlagen hat, wurden hier im Saal leider ganz bewusst von der Mehrheit der Stadtverordneten abgelehnt. So hätten eFuels eine klimaschonende Modernisierung des städtischen Verkehrs, einen Imagegewinn für die Stadt und zumindest temporär ein regionales wirtschaftliches Alleinstellungsmerkmal ermöglichen können. Ebenso hat sich die Mehrheit der Stadtverordneten unseren Vorschlägen für den Stadtbus, der teuer, ineffzient und mit überdimensionierten sowie umweltschädlichen Fahrzeugen durch Friedberg fährt, verweigert. Das bestehende, dysfunktionale System ist damit auf Jahre hinaus zementiert. Wir Freie Demokraten hoffen sehr, dass auch die anderen Fraktionen erkennen, wie ernst die Lage unserer Stadt ist und künftig stärker auch die längerfristigen wirtschaftlichen Implikationen Ihrer Entscheidungen bedenken, statt sich hinter Parteitaktik zu verstecken. Wir Freie Demokraten sind bereit und willens, mit Ihnen zum Wohle unserer Stadt und seiner Menschen zusammenzuarbeiten und wir hoffen, dass dies auch für die anderen Fraktionen gilt.
Abschließend möchte ich noch auf die Einsparpotenziale eingehen, die wir im Haushaltsentwurf ausgemacht haben. Zum Beispiel beim Wetterau-Museum, das die Stadt mit jährlich mit über 400 Tausend Euro bezuschusst und das weitere 3,9 Millionen Euro Investitionen in das Gebäude benötigt. Wir fordern die Verwaltung eindringlich auf, sich um eine finanzielle Beteiligung Dritter an den Kosten für das Wetterau-Museum zu bemühen. Dies können andere öffentliche Träger, aber auch private Investoren sein. Immerhin ist es das Wetterau-Museum und nicht das Friedberger Stadtmuseum. In dieser Art, wie die Planungen und der Betrieb derzeit im Haushalt vorgesehen sind, werden wir weiteren Ausgaben für das Wetterau-Museum nicht zustimmen können.
Auch die Bürgerhäuser in den Stadtteilen müssen langfristig in die Effizienzsteuerung einbezogen werden. Der Bau und Betrieb eines Bürgerhauses in den Ortsteilen kann kein Selbstzweck sein, sondern muss sich am finanziell Machbaren und dem lokalen Bedarf ausrichten. Und natürlich muss ich auch wieder das MTA 8 erwähnen, wenn es im Einsparpotenziale geht. Das Gebäude wird im kommenden Jahr weitere knapp 2,5 Millionen Euro Steuergelder verschlingen, die Gesamtkosten summieren sich auf über 13 Millionen Euro auf. Dennoch ist eine zeitnahe Nutzung der Immobilie nicht absehbar. Im Gegenteil. Mittlerweile weiß auch die Öffentlichkeit, dass die Verwaltung möglicherweise niemals in die Adresse MTA 8 einziehen wird, sondern künftig – vielleicht – am Elvis-Presley-Platz residiert. Ohne einer Prüfung vorweggreifen zu wollen, sind wir nicht davon überzeugt, dass an der besten Geschäftslage Friedbergs ausgerechnet ein Verwaltungsgebäude entstehen muss – die aktuellen Schwierigkeiten am Markt für Gewerbeimmobilien hin oder her.
Was dagegen nötig ist, ist eine moderne digitale Verwaltung, wie sie die FDP schon lange fordert, inkl. eines attraktiven Homeoffice-Angebots und Desk-Sharing Konzepts. Dadurch kann der Flächenbedarf der Verwaltung deutlich reduziert werden. Zudem könnte die weitere teure Renovierung eines alten Gebäudes, dessen Instandhaltung und Betrieb auch langfristig erhebliche finanzielle Mittel binden wird, unterbleiben.
Meine Damen, meine Herren, die zurückliegenden Haushaltsverhandlungen in den Ausschüssen haben zu deutlichen Veränderungen in der Haushaltsplanung geführt. Das war eine gute fraktionsübergreifende Leistung. Dennoch ist auch im nun vorliegenden Haushaltsentwurf ersichtlich, dass sich ohne eine grundlegende Neuausrichtung des finanziellen Handelns unserer Stadt der Fehlbetrag im städtischen Ergebnis in den kommenden vier Jahren stetig und deutlich vergrößern wird. Leider sehen wir im aktuell – bei allen guten Ansätzen, die ich in den letzten Minuten genannt habe – noch zu wenig Mut, um die nötigen Veränderungen mit Nachdruck anzugehen. Wir Freie Demokraten erkennen an, dass nach den personellen Veränderungen der beiden letzten Jahre an der Verwaltungsspitze erst jetzt die Arbeit stabil vorangehen kann. Dennoch werden wir dem vorliegenden Entwurf heute Abend nicht zustimmen. Sollte der Haushalt dennoch genehmigt werden, werden wir mit Anträgen und Initiativen darauf hinwirken, den Haushalt noch im Geiste der oben erwähnten ziel- und wirkungsorientierten Haushaltsführung zu gestalten. Und auch bei künftigen Entwürfen werden wir unsere Zustimmung davon abhängig machen, inwieweit diese Leitlinien im Haushalt umgesetzt werden. Wir Freie Demokraten stehen in diesem Sinne für eine Zusammenarbeit mit der Verwaltung und den anderen Fraktionen bereit. Ich hoffe sehr, dass Sie hier auf den Fraktions- und Verwaltungsbänken dieses Angebot annehmen.
Vielen Dank!