Achim Güssgen-Ackva (FDP): „Was in Hanau möglich ist, sollte auch in Friedberg gehen.“ – Kostenfreier Bücherschrank in einer ausgedienten Telefonzelle

27.10.2014

Friedberger Liberale informieren sich in Hanau und wollen die Idee auch in Friedberg umsetzen.

Jeder, der zuhause einen vollen Bücherschrank hat, kennt das Problem: wohin mit den Büchern, die man nicht mehr lesen wird, bei denen man aber sicher ist, dass sie neue Leser finden. Wegwerfen? Das macht niemand, der Bücher liebt und schätzt und pflegt. Flohmarkt? Das ist auch nicht jedermanns Sache. Einfach in einem Karton vor die Tür stellen und darauf hoffen, dass die Kiste bald geleert ist? Das geht auch nur bedingt und schließlich könnten die Bücher bei Regen nass oder schmutzig werden. Also was tun?

In Hanau hat sich auf Initiative der dortigen FDP eine sehr originelle Lösung gefunden, die sich inzwischen großer Beliebtheit erfreut. In einer ausgedienten und klassischen roten englischen Telefonzelle, die mit ausreichend Regalen ausgestattet ist, stellen Menschen, die gelesene Bücher in gute Hände abgeben wollen, so ziemlich alles ein, was das Herz des Buchliebhabers erfreut: Romane, Sachbücher, Bildbände zu Kunst oder exotischen Ländern, Bücher mit unterhaltsamem oder besinnlichem Inhalt, sogar Kochbücher. Es ist erstaunlich, welche Vielfalt ein solcher öffentlicher Bücherschrank bietet. Das Tauschprinzip ist denkbar einfach: Es wird eingestellt, es wird gestöbert, es mitgenommen, man kann das Buch behalten oder nach dem Lesen wieder zurückbringen und ein Neues ausleihen.

„Wenn das in Hanau funktioniert, dann sollte das auch in Friedberg gehen“, meinte Achim Güssgen-Ackva, Vorsitzender der FDP in Friedberg und Fraktionsvorsitzender in der Stadtverordnetenversammlung, nachdem er von der sehr erfolgreichen Buchtauschaktion gehört hatte. Ideengeber ist der neugewählte Stellvertreter von Güssgen-Ackva bei den Friedberger Liberalen, Siegfried Köppl, der im vergangenen Jahr mit seiner Gattin Irina nach Friedberg umgezogen ist und in einer Vorstandssitzung davon berichtete. „Aber klappt das auch?“, fragte Güssgen-Ackva und ließ sich die Zelle von Siegfried und Irina Köppl und Thomas Morlock, dem Fraktionsvorsitzenden der FDP in der Hanauer Stadtverordnetenversammlung, zeigen. Güssgen-Ackva zeigte sich von der unkomplizierten Tauschaktion begeistert. „In dieser Telefonzelle finden sich wahre Schätze, ich habe auch gleich etwas entdeckt, ein Buch von Franz Werfel, das in meiner Sammlung noch fehlte“, meinte der begeisterte Leser, der seine Nase wann immer möglich in ein Buch steckt. „Es gab natürlich Zweifel, ob das alles auch sauber und gepflegt ist oder ob die Telefonzelle von zerstörungswütigen Rabauken heimgesucht wird“ so der Friedberger Kommunalpolitiker. „Die Hanauer Erfahrung zeigt, dass es tatsächlich reibungslos funktioniert.“ Die Tauschaktion per Telefonzelle sei eine Aktion von Bürgern für Bürger, sie biete vor allem auch denen, die nicht über genügend Mittel für ein interessantes Buch verfügten, einen sehr unkomplizierten Zugang zu weiterem Lesestoff.

„Der Bücherschrank in der Telefonzelle ist natürlich keine Konkurrenz für den örtlichen Buchhandel oder für eine öffentliche Bibliothek, wie sie z. B. unsere Stadtbücherei darstellt“, meinte Ideengeber Siegfried Köppl. „Aber sie kann dazu beitragen, dass Menschen, die bislang eher zurückhaltend waren, was das Betreten einer Bücherei anbelangt, sei es aufgrund von Schwellenangst, sei es aus Bequemlichkeit oder aus welchem Grund auch immer, diese Zelle aktiv nutzen. Man kann sie als Abholer nutzen und als Bestücker. Für die Bildungsstadt Friedberg wäre das eine sehr schöne Sache.“

Die Friedberger Liberalen wollen sich nun in einem nächsten Schritt der praktischen Seite zuwenden. „Natürlich wäre eine Telefonzelle aus einem anderen Land besonders auffällig. Aber man könnte sehr gut auch eine der ausgemusterten Telefonzellen der Deutsche Telekom umrüsten und entsprechend nutzen. Auch die Frage des Ortes ist wichtig“, so Siegfried Köppl. „Wir wollen diese Fragen mit den zuständigen Personen in Friedberg bald erörtern und dann praktische Vorschläge unterbreiten.

Übrigens hatten Güssgen-Ackva und die beiden Neufriedberger Siegfried und Irina Köppl auch etwas für die Bücherzelle dabei: das Buch „Die Atemschaukel“ von Herta Müller, Erinnerungen des russischen Dissidenten Michail Chodorkowski, ein Buch von Heike Groos über den Krieg in Afghanistan und als besondere Gabe ein kleines Buch von Karl-Hermann Flach aus dem Jahr 1971 mit dem Titel „Noch eine Chance für die Liberalen“, ein Klassiker, der z. B. beim Online-Händler Amazon teuer gehandelt wird. Diesen Titel stellten die Friedberger Liberalen mit einem Augenzwinkern in den Bücherkasten und meinten, dass dieser Titel heute so aussagekräftig sei, wie bei der Erstauflage. „Wer gute Vorschläge bringt, der überlebt, die politische Konkurrenz sollte also auf der Hut sein“, so Achim Güssgen-Ackva abschließend.

Das Foto zeigt von links nach rechts: Achim Güssgen-Ackva, Irina Köppl, Siegfried Köppl und Thomas Morlock.