Friedberger Liberale zu Gast bei der OVAG

17.07.2023
Mitglieder der FDP Friedberg mit den OVAG-Vorständen Joachim Arnold und Oswin Veith

Sichere Stromversorgung mit Windkraft – geht das?

Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral sein, das entsprechende Gesetz wird derzeit in Berlin vorbereitet. Ein wesentlicher Eckpfeiler dieses Ziels ist die Umstellung der Stromerzeugung hin zu erneuerbaren Energien. Deren Anteil im Stromsektor stieg laut Umweltbundesamt 2022 auf 46 Prozent des Bruttostromverbrauchs in Deutschland. Insgesamt wurden im Jahr 2022 etwa 254,0 Mrd. kWh Strom aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt. Und wie geht´s in der Wetterau weiter? Um sich über diese Thematik sach- und fachkundig zu informieren, besuchte die FDP Friedberg mit den Stadtverordneten Sabine Fuchs, Dr. Jochen Meier und Dr. Reinhold Merbs sowie Magistratsmitglied Siegfried Köppl und den Vorstandsmitgliedern Beate Hammerla und Helge Müller kürzlich den lokalen Energie-und Wasserversorger Oberhessische Versorgungsbetriebe AG, kurz OVAG. Vorstandsvorsitzender Joachim Arnold und sein Stellvertreter Oswin Veith gaben einen Überblick über die vielfältigen Geschäftsfelder und Beteiligungen der OVAG.

Neben den kommenden Herausforderungen für nachhaltiges  Trinkwassermanagement stand das Thema Windkraft auf dem Winterstein im Vordergrund. Ausführlich stellten Arnold und Veith das  Konzept der OVAG vor, zeigten für die Anliegerkommunen verschiedene Beteiligungsmöglichkeiten auf und maßen auch dem Thema Bürgerbeteiligung einen hohen Stellenwert zu. Die Liberalen um Fraktionsvorsitzende Sabine Fuchs begrüßten dabei den OVAG-Ansatz, den Gemeinden unterschiedliche Beteiligungsformen und -stufen zu ermöglichen, die jeweils abgestufte Realisierungsrisiken und Ertragsbeteiligungen abbilden würden. «Mit der OVAG hätten wir nicht nur einen Investor, der die Anlagen plant und baut, sondern auch einen, der diese betreibt. Wir hätten ein Unternehmen, das vor Ort Gewerbesteuer zahlt und den Städten und Landkreisen auch selbst gehört. Das gilt es bei einer möglichen Auswahl von Angeboten für einen Windpark am Winterstein im Kopf zu behalten», so Sabine Fuchs. Dennoch machen die Liberalen keinen Hehl daraus, dass sie einem Windpark auf dem Winterstein mit bis zu 200m hohen Türmen und 70m langen Flügeln weiter skeptisch gegenüberstehen, weil dieser massive Eingriffe in einen Natur- und Erholungsraum mit sich bringen wird. Nicht nur Windräder und Kranstellplätze brauchen viel Platz, auch der Aufbau selbst wird mit starken Rodungen entlang der Wege sowie hunderten LKW-Fahrten für die notwendigen Betonsockel und die Anlagen selbst verbunden sein. Auch wenn einiges im Nachgang wieder aufgeforstet werden kann, werden die Lücken und Schneisen viele Jahre sichtbar bleiben. «Es gäbe aus Sicht der Liberalen geeignetere Plätze für die Windkraftanlagen als dieses beliebte Natur- und Erholungsgebiet», konstatierte Dr. Jochen Meier.

Helge Müller lenkte den Blick in die Zukunft. Es stünden dann bis zu 18 Windräder auf dem Winterstein, aber wie kommt der Strom zu den Unternehmen und Haushalten in die umliegenden Gemeinden und ins überregionale Stromnetz? Auch darauf gingen die OVAG-Vorstände Arnold und Veith ausführlich und ehrlich ein. Die Investitionen in die Windräder seien nur die «halbe Miete». Es gelte neue Stromleitungen zu bauen und auch mindestens ein neues Umspannwerk. Die für Netzbetreiber größte technische Herausforderung stellt jedoch die fehlende Netzstabilität der Windkraftanlagen dar, d.h. dass diese abhängig vom Windaufkommen mal zu viel, mal zu wenig Strom produzieren, was für den Betrieb der Stromnetze erhebliche Belastungen mit sich bringt. «Die von Windkraftbefürwortern in die Öffentlichkeit getragene mögliche Stromautarkie der Region durch die Windräder ist nur theoretisch realisierbar», stellt Müller klar. Deutscher Ökostrom wird an einigen Tagen ins europäische Ausland verschenkt, an anderen Tagen von dort Strom teuer eingekauft. Diese Ineffizienzen führen mit zu den europaweit höchsten Strompreisen in Deutschland. Geeignete Umwandlungs- und Speichertechnologien sind derzeit zwar technologisch verfügbar, noch sind diese Anlagen jedoch in großem Maßstab kaum wirtschaftlich und nur mit technischen Einschränkungen hinsichtlich Kapazität und Leistung zu betreiben. Die FDP würde es daher begrüßen, wenn der Fokus der Energiewende zunächst auf die Weiterentwicklung der Speicher- und Umwandlungstechnologien gelegt würde, bevor weitere Windräder gebaut werden. Die Windkraftanlagen auf dem Winterstein werden also nicht nur Vorteile für die Region bringen, sondern die Investoren – auch die anliegenden Städte – und Stromkunden zunächst Geld kosten. Die OVAG möchte sich diesen Herausforderungen allerdings stellen, als Realisierer und Betreiber der geplanten Windkraftanlagen sowie auch als Netzbetreiber. Die Vertreter der FDP Friedberg zeigten sich von so viel Unternehmergeist denn auch beeindruckt. Man begrüße ausdrücklich, dass mit der OVAG ein regional verwurzelter Anbieter im Rennen um die Windkraftanlagen auf dem Winterstein dabei ist, der eine Bürgerbeteiligung an den Anlagen ins Zentrum seines Angebots stellt. Denn die Förderung der direkten Beteiligung von möglichst vielen Menschen an Zukunftsinvestitionen gehört schließlich zum Markenkern der FDP.